Glaubenspraxis
Haus der Andacht in Panama-Stadt, Panama
Haus der Andacht in Panama-Stadt, Panama
Haus der Andacht in Wilmette, Illinois, USA
Haus der Andacht in Wilmette, Illinois, USA
Der Schrein des Bab in Haifa, Israel, ist eines der Pilgerziele der Bahai
Der Schrein des Bab in Haifa, Israel, ist eines der Pilgerziele der Bahai
Im Vergleich zu anderen Religionen schreibt die Bahai-Religion relativ wenige Rituale vor. Individueller Gestaltungsfreiraum ist gegeben, Inkulturation wird begrüßt. Adressat fast aller Gebote ist der Gläubige, nicht die Gemeinde. Einen unmittelbar erlösenden oder heilsbringenden Charakter haben die Riten der Bahai nicht. Was zählt, ist die geistige Grundhaltung und nicht die äußere Form. Eine Etablierung kultischer Traditionen jenseits der von Baha'u'llah vorgeschriebenen Riten wird daher abgelehnt.[21]
Das Haus der Andacht ist die vorgeschriebene Andachtsstätte der Bahai. Es handelt sich um einen neunseitigen Kuppelbau, welcher an jeder Seite ein Eingangstor besitzt. Dieses soll im Idealzustand von Gärten und sozialen Einrichtungen umgeben sein. Die Gottesdienste darin sind reine Andachten, eine Liturgie oder Predigt existiert nicht, es werden Schriften aus allen Offenbarungsreligionen vorgetragen. Als musikalisches Element dienen gesungene Rezitationen und Gebete, Soloimprovisationen sowie Chorgesang. Musikinstrumente sind nicht vorgesehen, da die Häuser der Andacht allein dem Wort Gottes und der menschlichen Stimme vorbehalten sind.[22]
Für die Bahai sind das Gebet und das Fasten die Pfeiler der von Baha'u'llah offenbarten Vorschriften. Das Gebet gilt als Kommunikationsmöglichkeit mit Gott und sei damit unabdingbar. Eine besondere Rolle haben die Pflichtgebete, welche in drei unterschiedlichen Längen und Formen zur Auswahl stehen.[23] Mit Ausnahme des Totengebets werden alle Gebete einzeln und in Abgeschiedenheit gesprochen. Das Fasten findet im letzten Monat des Bahai-Kalenders statt und dauert den ganzen Monat, also 19 Tage, an. Fasten bedeutet für die Bahai völlige Enthaltung von Speisen und Getränken zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Vom Fasten ausgenommen sind Menschen, welche aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage sind. Des Weiteren soll ein Bahai am Morgen und Abend in den Heiligen Schriften lesen, um die Erkenntnisse daraus in das eigene Handeln einfließen zu lassen.[24]
Die wichtigsten Festtage der Bahai sind Naw-Rúz (Neujahrsfest am 21. März), Ridván (die Verkündigung Baha'u'llahs vom 21. April bis zum 2. Mai), die Verkündigung des Bab und Geburtstag Abdu'l Bahas (am 23. Mai), das Hinscheiden Baha'u'llahs (29. Mai), der Märtyrertod des Bab (9. Juli), der Geburtstag des Bab (20. Oktober) und der Geburtstag Baha'u'llahs (12. November).[25]
Die örtliche Gemeinde trifft sich alle 19 Tage zu ihrer monatlichen Versammlung, welche von den Bahai „Neunzehntagefest“ genannt wird. Der Bahai-Kalender teilt das Jahr in 19 mal 19 Tage ein. Das Neunzehntagefest markiert den Monatsbeginn. Das Fest besteht aus drei Teilen: einem besinnlichen Andachtsteil, bei welchem aus den heiligen Schriften gelesen wird, einem Beratungsteil, bei welchem die Gemeinde über ihre Tätigkeiten berät und einem geselligen Teil, welcher mit einem Mahl und anderen geselligen Tätigkeiten einhergeht.[26][1]
Mancherorts werden öffentliche Andachten veranstaltet, welche auch gemeinsam mit den Anhängern anderer Religionsgemeinschaften gestaltet werden. Ein zentrales Anliegen der Andachten ist der Frieden in der Welt. Bei „Gebeten der Weltreligionen“ rezitieren und singen die Repräsentanten der Religionen nacheinander Gebete ihrer heiligen Schriften in der jeweiligen Tradition. Als verbindendes Element dient die Musik. Weitere Veranstaltungen der Bahai sind u. a. Gebetsversammlungen, Lesungen aus religiösen Schriften, Studienkurse, Kinderklassen, Vorträge oder Tagungen.
Die Heiratszeremonie, welche als Form nur eine einfache Trauformel kennt,[27] ist nur zwischen Frau und Mann möglich[28] und erfordert die Zustimmung aller noch lebenden Eltern, was vor allem die Einheit innerhalb der Familie stärken soll.[29]
Die Gläubigen haben die Gesetze ihres jeweiligen Landes zu respektieren und zu befolgen.[30] Parteipolitischer Aktivitäten sollten Bahai sich enthalten, da diese gegen das Prinzip der Einheit verstoßen.[31] Engagement in Jugendgruppen, Friedensbewegungen, interreligiösen Initiativen und Umweltschutzbewegungen und dergleichen außerhalb der Bahai-Gemeinde, sofern parteipolitisch neutral, wird ausdrücklich gefördert.